Religiöse Bildung für alle? Eine religionswissenschaftliche Untersuchung zum Unterrichtsfach Religion an Volksschulen in Wien.

Dissertationsprojekt Robert Wurzrainer

 

Abstract

In Österreich ist der konfessionelle Religionsunterricht ein Pflichtfach für alle Schülerinnen und Schüler, die Mitglied einer gesetzlich anerkannten Kirche und Religionsgesellschaft sind. Inzwischen haben 16 gesetzlich anerkannte Kirchen und religiöse Gemeinschaften das Recht, Religionsunterricht in privaten und öffentlichen Schulen anzubieten. Schülerinnen und Schüler, die ohne religiöses Bekenntnis sind oder einer staatlich eingetragenen religiösen Bekenntnisgemeinschaften angehören, können zwischen einem der angebotenen Religionsunterrichte wählen oder haben - abgesehen von Schulen, an denen der Schulversuch Ethik ab der 9. Schulstufe angeboten wird - keinen Unterricht.

Die österreichische Situation des Religionsunterrichts bietet die Möglichkeit von religiöser Bildung in einem relativ breiten Spektrum von Religionen, verursacht aber auch Schwierigkeiten bei der Organisation von Religionsunterricht an Schulen. Die vormals mehr oder weniger homogene Situation mit katholischem und evangelischem Religionsunterrichts hat sich zu einer pluralisierten Situation mit Religionsunterricht in mehreren Religionen und Konfessionen wie etwa Islam, Orthodoxe Kirchen, Aleviten, Buddhismus, Orientalisch-Orthodoxe Kirchen etc. entwickelt.

Neben dieser religiösen Pluralität gibt es zudem immer mehr Schülerinnen und Schüler,  die ohne religiöses Bekenntnis sind. Im Pflichtschulbereich hat diese Gruppe nur die Wahl zwischen einem konfessionellen Religionsunterricht oder einer bzw. zwei Freistunden. Vor allem in Wien ist die religiöse Pluralität in Schulen eine unübersehbare Tatsache, die das gewohnte Konzept des  konfessionellen Religionsunterrichts vor große Herausforderungen stellt.  Neue Formen von Religionsunterricht werden derzeit untersucht und erprobt, wie etwa der Konfessionell-Kooperative Religionsunterricht und der Dialogisch-Kooperative Religionsunterricht.

Bezugnehmend auf § 2 des SchOG, in welchem religiöse und sittliche Bildung für alle Schülerinnen und Schüler als Aufgabe der Schule festgelegt ist sind folgende Fragen für das Dissertationsprojekt grundlegend: Wie kann die Religionswissenschaft einen anwendungsorientierten und konstruktiven Beitrag zur gegebenen Situation bieten und wie kann religiöse Bildung im weitesten Sinne (einschließlich nicht-religiöser Weltanschauungen) organisiert werden? Wie kann ein Schulfach (wie Religions- oder Ethikunterricht) organisiert werden, um mit der religiösen und nicht-religiösen Pluralität in den Schulen produktiv umzugehen? Wie kann und soll die Religionswissenschaft im Rahmen der Konzeption von Modellen religiöser Bildung mit dem Aspekt der Normativität umgehen, der bei der Entwicklung von Prinzipien oder Leitlinien für religiöse Bildung in Schulen unmittelbar auftritt?

Bislang hat sich die Religionswissenschaft als eine mögliche Bezugswissenschaft in den Diskurs um religiöse Bildung kaum eingebracht, und dementsprechend wird die Religionswissenschaft auch von den Disziplinen, die sich mit den Fragen nach religiöser Bildung auseinandersetzen, kaum wahrgenommen. Grundlegende Überlegungen sollen hier die Möglichkeiten der Einbringung einer religionswissenschaftlichen Perspektive ausloten und somit einen Beitrag zur Erweiterung der Diskussion über mögliche Konzeptionen von religiöser Bildung in einer postsäkularen Gesellschaft leisten.

Wissenschaftlicher Mitarbeiter

Robert Wurzrainer hat Religionswissenschaft und Ethik an der Universität Wien studiert und ist als Referent am Institut der Systematische Theologie und Religionswissenschaft sowie als Schulbuchautor für das Unterrichtsfach Geschichte, Sozialkunde und Politische Bildung tätig.

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Zeitraum

März 2017 bis Februar 2021