10 Jahre „Kairos Palästina“ – Bibelhermeneutische Analyse eines umstrittenen Dokumentes
Dissertationsprojekt Livia Stiller
Abstract
Kaum ein befreiungstheologisches Dokument hat eine Welle von Rezeptionen, kontroversen Diskussionen und theologischen Auseinandersetzungen ausgelöst wie das 2009 veröffentlichte christlich-palästinensische Dokument „Kairos Palästina“. Dieses theologisch umstrittene Dokument lässt nach einer hinter den Argumentationen der TheologInnen, welche die Stellungnahme verfasst und unterzeichnet haben, stehenden kontextuellen, befreiungstheologischen Bibelhermeneutik fragen. Insbesondere aufgrund der im Dokument vorkommenden verstärkten Kritik am Staat Israel, welche Vorwürfe des Antisemitismus laut werden ließen, ist eine Auseinandersetzung mit diesem, die Diskussionen immer wieder anführenden Dokument im Sinne der Vermittlung verschiedener theologischer Positionen und eines möglichen christlich-jüdischen Dialoges notwendig.
Neben der bibelhermeneutischen Analyse des Dokumentes selbst sind auch die zahlreichen kirchlichen und rabbinischen Stellungnahmen und Rezensionen, die nach „Kairos Palästina“ veröffentlicht wurden, in den Blick zu nehmen.
Der Entstehungskontext und der politische Hintergrund des Dokumentes sind darüber hinaus ebenfalls von entscheidender Bedeutung, um die theologischen Aussagen in dem historisch gewachsenen und politisch belasteten Kontext zu verstehen.
Gleichzeitig bietet die Analyse aus europäischer Sicht auch die Möglichkeit, das Dokument von einer Außenperspektive zu beleuchten – einerseits im Bewusstsein einer historisch begründeten Verantwortung, welche mit der Shoah einhergeht, andererseits im Bewusstsein einer christlichen Verpflichtung, an der Seite der Unterdrückten zu stehen.
Das „Kairos Palästina“-Dokument macht deutlich, dass in konfliktträchtigen Situationen Hoffnung, Zuversicht und Vertrauen auf eine Besserung der politischen, gesellschaftlichen und persönlichen Lage im Glauben gesucht werden kann, wobei trotz der Relevanz solcher und ähnlicher Stellungnahmen eine gesamtpolitische Lösung des Konfliktes hiermit allein nicht erreicht werden kann.
Zusammenfassend ist das Ziel dieser Arbeit, die hinter dem Dokument stehende Bibelhermeneutik zu analysieren und in eine kontextuelle palästinensische Theologie einordnen zu können.
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Livia Stiller studierte Evangelische Fachtheologie an der Evangelisch-Theologischen Fakultät an der Universität Wien, Österreich, an der Near East School of Theology in Beirut, Libanon, und an der Rothberg School/Hebrew University in Jerusalem, Israel. Seit März 2017 arbeitet sie als Prae-Doc Assistentin bei Prof. Dr. DDr. h.c. Ulrich Körtner am Institut für Systematische Theologie und Religionswissenschaft an der Evangelisch-Theologischen Fakultät in Wien.
Zeitraum
März 2016 bis Mai 2020