Umgang mit religiöser Diversität in staatlichen Institutionen
Unmittelbar vor der Berufung auf den Lehrstuhl für Religionswissenschaft (bis 2007) war Univ.-Prof. Dr. Wolfram Reiss als Gefängnisseelsorger in einem Hochsicherheitsgefängnis in Deutschland tätig. Ebenso prägten ihn seine frühere Tätigkeiten als Religionslehrer und als Seelsorger in einer diakonischen Einrichtung / Altenheim. Aus diesen praktischen Erfahrungen heraus etablierte er am Lehrstuhl Religionswissenschaft seinen Ansatz einer „Anwendungsorientierten Religionswissenschaft“, die sich neben der historischen und vergleichenden Religionsforschung den aktuellen gesellschaftlichen Fragestellungen widmet. In besonderem stehen dabei Forschungen zu aktuellen Herausforderungen in staatlichen und öffentlichen Institutionen (Kindergarten, Schule, Spitäler, Altenheime, Armee, Gefängnis etc.) im Vordergrund. Dabei wird versucht, aktuelle Entwicklungen zu dokumentieren, Praktiker zu Wort kommen zu lassen und Lösungsansätze bei Problemen vorzustellen und zu diskutieren.
Forschungsprojekt zur Naikan-Methode im Strafvollzug
Eine erste Frucht dieser Forschungstätigkeit war die Dokumentation der sogenannten „Naikan-Methode“, einer Behandlungsmethode an der Grenze zwischen Religion und Therapie, die in deutschen und österreichischen Gefängnissen erprobt wurde und sich gegenwärtig stark in Deutschland, Südafrika und China ausbreitet. Zum ersten Mal wurde die Geschichte und der religionshistorische Hintergrund dieser Methode aus emischer und ethischer Perspektive sowie auch die Anwendung in einem Sammelband dokumentiert.
Forschungsprojekt zum Umgang mit religiöser Diversität in der Armee
Eine zweiter Schwerpunkt lag in der Forschung zum Umgang mit der religiösen Diversität in der österreichischen Armee. Mehrere Feldforschungen mit Studierenden vor Ort sowie historische Forschungen führten zu einer Dokumentation des Umgangs mit religiöser Vielfalt in der Armee der k.u.k. Monarchie sowie im heutigen Bundesheer. Die Maßnahmen zum Umgang mit Diversität wurden aus religionswissenschaftlicher Sicht evaluiert und gegenwärtige Entwicklungen im Blick auf die Betreuung von Soldaten dokumentiert. Der Artikel wurde im Band 3 von Religion in Austria publiziert.
Forschungsprojekt zum Umgang mit religiöser Diversität im Strafvollzug
Seit 2014 gibt es im Blick auf den Umgang mit religiöser Diversität im Gefängnis ein Projekt, das gemeinsam mit dem Bundesministerium für Justiz, der Strafvollzugsakademie sowie der Evangelischen Akademie durchgeführt wird. Zielsetzung ist es neue Richtlinien für den Umgang mit religiöser Diversität im Strafvollzug in Österreich zu entwickeln. Hierzu fanden verschiedene Tagungen in der Evangelischen Akademie und in der Strafvollzugsakademie statt. Die Entwicklungen wurden von Univ.-Prof. Dr. Wolfram Reiss in einem Band über „Religion and Prison" dokumentiert. Darüber hinaus organisierte Prof. Reiss eine Tagung, bei der schwedische und griechische Praktiker die Entwicklungen in der religiösen Betreuung in diesen Ländern vorstellten. Die Ergebnisse von Schweden und Österreich werden gegenwärtig in einem Band „Religious Diversity as a Challenge Prisons" dokumentiert.