Orientalisches Christentum im Umbruch
Neben der Dokumentation der aktuellen religiösen und politischen Entwicklungen in Ägypten stand auch immer die Situation der Christen im Raum Libanon, Syrien und Palästina im Vordergrund der Forschungen des Lehrstuhls für Religionswissenschaft. Dies nicht zuletzt auch deshalb, weil Univ.-Prof. Dr. Wolfram Reiss immer wieder versuchte, VertreterInnen des orientalischen Christentums aus diesen Ländern an die Fakultät zu holen, um deren Perspektive authentisch zu vermitteln.
Von 2009 bis 2013 forschte und lehrte Waseem Haddad aus Syrien (Rum-Orthodoxe Kirche von Antiochia) als Universitätsassistent an der Fakultät, seit 2013 ist Viola Raheb aus Palästina (Evangelisch-Lutherische Kirche von Jordanien) an der Fakultät tätig. Darüber hinaus hielt sich Prof. Reiss im Jahr 2011 für drei Monate im Libanon auf und lehrte an der Near East School of Theology in Beirut. Mit drei Universitäten des Libanon wurden seit 2009 Austauschprogramme initiiert: mit der evangelischen Near East School of Theology (Beirut), mit der orthodoxen Balamand University (Tripolis) sowie mit der katholischen Université St. Joseph.
Im Sommer 2013 wurden Vertreter dieser Einrichtungen nach Wien zu einer internationalen Europäisch-Arabischen Konferenz zum Thema „The Contribution of Religious Minorities to Society“ eingeladen. Im November 2012 wurde Prof. Reiss als key note speaker zur Konferenz „Religion and Democracy in Europe and the Arab World“ eingeladen (Byblos 27.-30.11.2012) und im Wintersemester 2012 wurde gemeinsam mit der Adyan-Foundation ein Online-Seminar zum Thema „Minorities as Driving Forces for the Development of Societies“ abgehalten.
Die Ergebnisse dieser Forschungen sollen 2019/2020 in drei Bänden unter dem Titel „Orientalisches Christentum im Umbruch“ publiziert. Der erste Band will eine Übersicht über die Geschichte und die Prägungen der orientalischen Christen in verschiedenen Ländern geben. Im zweiten Band soll der Beitrag der Christen zur Gesellschaft behandelt werden. Der dritte Band widmet sich schließlich der Entwicklung des orientalischen Christentums seit den politischen Umbrüchen, der Situation unter der Herrschaft des sogenannten „Islamischen Staates“ und den Perspektiven, die sich aktuell nach seiner Niederschlagung ergeben. Der Schwerpunkt der Dokumentation liegt dabei auf der Region Libanon, Syrien, Palästina, Jordanien und Irak. Insbesondere im letzten Teil wird – ähnlich wie bei der Dokumentation der Situation in Ägypten – versucht, Stimmen von orientalischen ChristInnen selbst Raum zu geben, um der inneren Debatte in den betroffenen Ländern durch authentische Stimmen in Europa Gehör zu verschaffen.